Grosse Verwunderung in Bern
Zum zwölften Mal führte die SRG Ostschweiz für ihre Mitglieder kürzlich wiederum einen Besuch in Bern durch, mit einer Führung durch das Bundeshaus und das SRG Produktionszentrum sowie einer Begegnung mit Ostschweizer Parlamentariern. Die Verwunderung war gross.
Es war Christoph Nufer, der neue Leiter der TV-Bundeshausredaktion, der die Ostschweizer Gäste im Studio 3 des SRG Produktionszentrums begrüsste. Das Medienzentrum des Bundes, die verschiedenen Ton-, Bild- und Lichtregien, das Duplex-Studio, aber auch die Grossraumbüros für Journalistinnen und Journalisten aus allen Sprachregionen liessen die Besucher erstaunen: Radio und vor allem Fernsehen sind aufwendige Medien; für einen einminütigen Newsbeitrag fürs Fernsehen ist ein Produktionsaufwand von mindestens einer Stunde notwendig.
Überrascht waren die Gäste aber auch von der Begegnung und der offenen Diskussion mit dem St. Galler Nationalrat Mike Egger und dem Glarner Ständerat Thomas Hefti. Und diese wiederum waren verwundert über ihr eigenes Wahlergebnis: Der junge Mike Egger – erst ein halbes Jahr in Bern und mit einem Wahlkampfbudget von 30‘000 Franken – erzielte das zweitbeste Ergebnis von allen zwölf St. Galler Nationalräten und Thomas Hefti ein Drittel mehr als der neue Ständerat Mathias Zopfi, der den wiederkandidierenden Werner Hösli schlug. Wenn alles rund läuft, wird Thomas Hefti im Dezember 2021 neuer Ständeratspräsident, was ein «Höhepunkt in meiner politischen Karriere» darstellt. Mike Egger will voll Engagement und unabhängig «en Büezer in Bern» bleiben.
Schliesslich: So «monumental», «eindrücklich», «vielfältig» und «stilvoll» hatten sich die Ostschweizer das Bundeshaus – die grosse Kuppelhalle mit den drei Eidgenossen und den vier Landsknechten, den Nationalrats- und den Ständeratssaal sowie die Wandelhalle – nicht vorgestellt. Zwar standen überall Männer, in den Fassaden, als Statuen, im Fresko zu einer Landsgemeinde, auf Bildern. Als dann ganz zufällig eine Bundesrätin der Gruppe begegnete und mit breitem Berner Dialekt grüsste und in der Wandelhalle die sechs Staatstugenden – Wahrheit, Weisheit, Vaterlandsliebe, Fruchtbarkeit, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit – in Frauengestalt von der Decke blickten, da war das Gleichgewicht wieder hergestellt – und die Verwunderung komplett.
Erich Niederer, 4. November 2019
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