Wenig Hoffnung auf Ende des Ukrainekrieges

«Berichte aus Russland» war der Titel des Referats von SRF-Journalist Christof Franzen bei der Volkshochschule Frauenfeld und dem Verein SRG Ostschweiz. Franzen sprach im Casino Frauenfeld über die Arbeit als Journalist in Russland, den Krieg mit der Ukraine und die Mentalität der Russinnen und Russen. Schliesslich blickte er kurz nach vorne und zeigte sich grundsätzlich pessimistisch bezüglich der weiteren Entwicklung des Konflikts mit der Ukraine.

Der Aufmarsch ins Casino Frauenfeld war riesig. 450 Besucherinnen und Besucher wollten aus erster Hand erfahren, wie Russinnen und Russen leben und denken. Noch nie hat eine Veranstaltung in diesem Rahmen so viele Leute angezogen. Und sie wurden nicht enttäuscht. Franzen lebte 13 Jahre lang in Russland, spricht fliessend russisch und ist mit einer Russin verheiratet. Nachdem er von 2008 bis 2019 Russlandkorrespondent von Schweizer Fernsehen SRF war, leistet er bis heute Einsätze als Sonderkorrespondent für SRF. Er sagt aber, dass sich das Leben sowohl für die Medienschaffenden als auch für die Bevölkerung in den vergangenen Jahren stark zum Schlechten verändert habe. «Die Akkreditierung für uns Journalisten ist viel schwieriger, ja zu einer eigentlichen Lotterie geworden», so Franzen. Und in der Bevölkerung herrsche ein Klima der Angst, weshalb es für Medienschaffende kaum noch möglich sei, kritische Stimmen zu bekommen.

Zum Krieg mit der Ukraine betonte Franzen: «Es hat durchaus gute Zeiten zwischen den beiden Ländern gegeben.» Geändert habe sich das, als sich die Ukraine gegen den Willen von Putin Richtung Westen orientiert habe. Putin habe 2022 geglaubt, die Ukraine in einem kurzen Krieg bezwingen zu können, was völlig misslungen sei. Russinnen und Russen hätten darauf zuerst mit einem Schock reagiert, anschliessend hätten sie sich angepasst. Auch in Russland hofften jedoch mittlerweile viele auf ein Ende des Kriegs. Sehr emotional waren die Bilder von einem Russen, der in die Armee eingezogen wurde, und von einem ukrainischen Frontsoldaten, die Franzen zeigte und mit denen er Interviews geführt hatte. Beide, so erfuhr Franzen später, sind im Krieg gefallen.

Eindrücklich waren ausserdem die Filmsequenzen mit einer Russin, die Franzen vor und nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine befragte. Zuerst setzte sie sich für Frieden und Verständigung ein, nach Kriegsbeginn war sie aufgrund der unablässigen Beeinflussung durch die russischen Medien zu einer vehementen Verfechterin von Putins Angriffskrieg geworden. «Ich erlebte zwei völlig unterschiedliche Menschen», sagte Franzen zu dieser Erfahrung.

Im kurzen Ausblick am Ende seines Referats zeigt sich Franzen pessimistisch. «Ich habe wenig Hoffnung auf ein Ende des Krieges», konstatierte er. Putins Ziel sei eine Kapitulation der Ukraine mit einer darauffolgenden russischhörigen Regierung. Albert Bargetzi, Präsident der Volkhochschule Frauenfeld, verabschiedete den Referenten anschliessend mit den Worten: Passen Sie auf sich auf. Er bezog sich dabei auf allfällige weitere Einsätze in Russland, die für Journalisten mehr denn je mit Risiken verbunden sind.

Walter Hofstetter, Vizepräsident der SRG Ostschweiz

Bild: SRF-Journalist Christof Franzen (Mitte) zusammen mit Walter Hofstetter, Vizepräsident der SRG Ostschweiz (links), und Albert Bargetzi, Präsident der Volkshochschule Frauenfeld (rechts).