Journalismus – ein Traumberuf mit Schattenseiten

Journalistinnen und Journalisten stehen seit Jahren bei ihrer Arbeit unter Druck. Weil die Werbeeinahmen weggebrochen sind und immer weniger Menschen abonnierte Medien konsumieren, müssen sie mit weniger Kapazitäten immer mehr produzieren. Was diese Entwicklung bedeutet und wohin sie führt, darüber wurde auf dem Podium am 11. Medienforum der SRG Ostschweiz im Pfalzkeller in St. Gallen engagiert diskutiert. Die Berichte aus der Praxis zeigten, dass vieles im Argen liegt, aber auch Hoffnung besteht.
«Die Bedingungen sind hart, die Tage meist lang und unberechenbar», so beschrieb Noemi Heule, Stv. Chefredaktorin St.Galler Tagblatt, kurz und prägnant den journalistischen Alltag. Martin Oswald, Leiter Regionalmedien Galledia, doppelte nach: «Die Ansprüche an Journalistinnen und Journalisten sind gestiegen. Mit immer weniger Ressourcen müssen sie heute deutlich mehr Kanäle bedienen, insbesondere auch soziale Medien.» Zudem seien allein im letzten Jahr in der Schweiz 600 journalistische Stellen gestrichen worden seien. Auch Valerio Meuli, Redaktor Südostschweiz, sagte, dass er den Druck auf der Redaktion verspüre und dass Generationenkonflikte in Redaktionen die Situation teilweise zusätzlich verschärften.
Bezugnehmend auf diese Schilderungen fragte Moderatorin Yvonne Brigger, ob es in den Medienhäusern eine Burnout-Prävention gebe. Laut Noemi Heule ist beim St.Galler Tagblatt weniger das Ausbrennen die grosse Gefahr als vielmehr die vielen Abgänge, die in den Redaktionen festzustellen seien. Dadurch sei es schwierig, Kontinuität und eine durchgehend gute Qualität zu erbringen. Für Eveline Kobler, zukünftige Moderatorin beim «Eco-Talk» von Fernsehen SRF, ist es eine Führungsaufgabe, nahe bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu sein und somit Überlastung und Überforderung frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.
Trotz aller Schwierigkeiten in der heutigen journalistischen Arbeit hoben alle Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer deutlich die positiven Seiten ihrer Tätigkeiten hervor. «Ich wollte immer in den Journalismus», erklärte Noemi Heule, «es hat mich gepackt und für mich ist es immer noch der Traumberuf. Er ist vielseitig, ich kann meine Neugier stillen und ich sehe, was ich gemacht habe». Eveline Kobler stellt nach wie vor eine hohe Identifikation der Journalistinnen und Journalisten mit ihrem Beruf fest: «Die intrinsische Motivation, der innere Antrieb, das ist das, wovon der Journalismus nach wie vor lebt.» Valerio Meuli erklärte seine Motivation so: «Schreiben macht mir Spass, die Arbeit ist abwechslungsreich, ich bin am Puls von Entwicklungen und treffe spannende Leute.»
Abschliessend stand die Frage nach den Wünschen der Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer an die Gesellschaft punkto Journalismus. Dabei kristallisierten sich zwei Punkte heraus. Zum einen sind alle davon überzeugt, dass es wichtig ist, noch mehr als heute in die Medienbildung zu investieren. Zum anderen soll vor allem bei der jüngeren Generation das Bewusstsein für den Wert der Medien für unsere Demokratie geschärft werden. Martin Oswald bezeichnete die Medien als «Infrastruktur der Demokratie». Wie üblich wurden die regen Diskussionen im Anschluss an das Podium beim gemeinsamen Bratwurstessen weitergeführt und vertieft.
Text: Walter Hofstetter, Kommission für Öffentlichkeitsarbeit
Bilder: Marco Hartmann